Das Aus für Coca-Cola liegt auf der Linie, die Bolivien schon länger
verfolgt: Wenn ausländische Konzerne nicht kooperieren, werden sie
verstaatlicht oder ihre Lizenzen entzogen. Der Andenstaat will jetzt
selbst Koka-haltige Brause brauen – und so für die Legalisierung des
Koka-Anbaus werben.
Für seine spektakuläre Ankündigung hat David Choquehuanca auch einen
Vergleich mit dem großen Hollywood-Kino nicht gescheut: “Ich kann
bestätigen, dass am 21. Dezember nicht das Ende der Welt kommen wird,
wie in einem Film angekündigt. Aber es wird das Ende von Coca-Cola sein
und das Ende des Kapitalismus”, sagte Boliviens Außenminister vor
wenigen Tagen am Rande der Feierlichkeiten zur Einweihung des Flughafens
Tito Yupanqui in Copacabana.
Seine Zuhörer, wie Choquehuanca selbst und auch Staatspräsident Evo
Morales vor-wiegend Angehörige des Aymara-Stammes, jubelten angesichts
des wie ein Triumph verkündeten Versprechens begeistert.
Der 21. Dezember ist im südamerikanischen Kalender ein besonderes
Datum. Es ist der Tag der Sonnenwende, an dem auf der Südhalbkugel der
Sommer beginnt. Und so soll dieser Tag, der laut Maya-Kalender das Ende
der Welt bringen soll, in Bolivien den Anfang einer neuen Epoche
markieren.
Das südamerikanische Land schmeißt den
US-Getränkekonzern Coca-Cola mit großem Getöse raus und verbietet ihm
den Vertrieb seines Erfolgsproduktes.
Bolivien wird stattdessen das eigene traditionelle Getränk mit dem
Namen “Mocochinchi” stärken. Basierend auf getrockneten Pfirsichen soll
das eigene Gebräu künftig den Durst der Bolivianer löschen. Mit einem
großen Fest am Titicaca-See, einer der größten touristischen
Attraktionen des Landes, wird Bolivien im Dezember das symbolträchtige
Ende der Koffein-Brause feiern. Dann wird das Land zur “Zona libre de
Coca-Cola”, wie es in einer Stellungnahme heißt, zur Coke-freien Zone.
“Wir brauchen keine Besitzer, wir brauchen Partner”
Die Morales-Regierung setzt damit seine Linie von Verstaatlichungen
und Lizenzentzügen konsequent fort. “Wir brauchen keine Besitzer, wir
brauchen Partner”, begründet Morales gerne seine Praxis der
Verstaatlichungen von bolivianischen Niederlassungen internationaler
Firmen, wie sie unlängst auch der Schweizerische Bergbaukonzern Glencore
oder das spanische Stromunternehmen Red Electrica zu spüren bekamen.
Der Kampf der Regierung von Staatspräsident Evo Morales gegen
Coca-Cola hat aber seine eigene Vorgeschichte. Bereits vor gut zwei
Jahren schlug Morales die Einführung eines Getränkes mit dem Namen “Coca
Colla” vor. Der Vorstoß wurde international belächelt, doch dahinter
steckt der Kampf des Politikers für eine Legalisierung des Koka-Anbaus.
Morales selbst ist Koka-Bauer, führte jahrelang die einflussreiche
Gewerkschaft der Koka-Bauern.
Noch heute ist der erste gewählte Präsident Lateinamerikas indigener
Herkunft eng mit der Gewerkschaft verbandelt. Mit spektakulären Gesten
und Aktionen wirbt er für die Akzeptanz der Pflanze. Der ehemaligen
US-Außenministerin Condoleezza Rice über-reichte er als Geschenk eine
Andengitarre – mit echtem Kokablatt als Intarsie -, und während einer
internationalen Drogenkonferenz in Wien präsentierte Morales dem
überraschten Plenum ein Kokablatt.
Das Gewächs ist in Bolivien eine traditionsreiche Kulturpflanze. Die
Bolivianer nutzen die Blätter zum Kauen, als Tee und in anderen
Produkten. Auch Ausländer kommen in den Genuss der Wirkung. Nach der
Ankunft auf dem Flughafen unweit der Millionen-metropole La Paz auf etwa
4000 Meter Höhe wird den Touristen von einigen Fluglinien gerne ein
Koka-Tee gereicht, damit sie angesichts der dünnen Höhenluft keine
Kopf-schmerzen bekommen.
Die Koka-Pflanze liefert aber auch den Grundstoff für die Herstellung von Kokain und anderen Drogen.
Allein in Ecuador monatlich fünf Millionen Flaschen Coca-Cola
Coca Colla sollte, so war es der symbolträchtige Plan des
Präsidenten, wie das berühmte Vorbild aus den USA Extrakte aus dem
Kokablatt enthalten. Zwar behauptet der US-amerikanische Konzern, dass
das aktuelle Rezept gänzlich Koka-frei sei, doch das glauben die
Bolivianer nicht. Eine unabhängige Überprüfung der gegensätzlichen
Standpunkte ist unmöglich: Die Amerikaner hüten das Geheimnis der
aktuellen Rezeptur des wohl berühmtesten Getränkes der Welt wie ein
Staatsgeheimnis.
Morales empfindet das als höchst ungerecht. Wenn in Coca-Cola
Extrakte der Koka-Pflanze vorhanden sind, dann müsste der Koka-Anbau
legal sein. Nun beendet Morales das Kapitel Coca-Cola in Bolivien. Der
US-Konzern wird den Verlust seiner Marktpräsenz in Bolivien verkraften.
In Lateinamerika verzeichnete der Getränkegigant im ersten Quartal des
Jahres 2012 ein sattes Wachstum von zwölf Prozent. Allein in Ecuador, so
berichtet das Blatt “Telegrafo”, werden monatlich fünf Millionen
Flaschen der schwarzen Brause produziert.
Bolivien gilt als das ärmste Land Südamerikas, entsprechend gering
sind die Umsatzzahlen. Bolivien reiht sich mit einem Coca-Cola-Verbot in
die Reihe der Länder ein, in denen das Getränk – zumindest offiziell –
nicht präsent ist. In Nordkorea beispielsweise oder im von einem
US-Embargo belegten Kuba unterhält Coca-Cola kein Vertriebsnetz.
Für Außenminister Choquehuanca ist das Ende von Coca-Cola in Bolivien
auch ein Sieg über ein anderes politisches System. “Es wird das Ende
des Egoismus sein, aber der Beginn einer Kultur des Lebens und eines
gemeinschaftlichen, spirituellen Lebens.”
Der Außenminister kündigte an, dass die Entscheidung als große
Feierlichkeit auf der Sonneninsel im Titicacasee in den bolivischen
Anden stattfinden wird.
Da sage ich nur noch:
"Con mucho cariño para Bolivia, es un
país mágico, diverso y encantador."