Freitag, 20. September 2013

Über den Ausverkauf der deutschen Interessen
Handelsblatt vom 20.September
„Euro-Rettung bis Deutschland ruiniert ist“

Nur wenige Menschen und noch weniger Politiker besitzen die Charakterstärke, Fehler einzugestehen und zu korrigieren. Deutschen Politikern fällt das seit jeher besonders schwer. Und einzusehen, wann es an der Zeit ist, die eigenen Verluste zu begrenzen and offenzulegen. Die Kanzlerin ist hier wahrscheinlich flexibler und einsichtiger als andere. Und doch, nähme Angela Merkel letztlich doch noch vom deutschen Euro-Wunschdenken Abschied, dann müsste sie damit auch gleich einen mindestens halbe Billion-Euro-Fehler verantworten.

Es wäre in etwa so – wohlgemerkt kein Personen-, sondern nur rein situativer Vergleich - als hätte Adolf Hitler vor der katastrophalen Materialschlacht von Kursk noch im Juni 1943 mit Stalin Frieden geschlossen. Es wäre die einzig richtige Handlung gewesen, und zugleich das Eingeständnis eines kolossalen Fehlers. Aus genau diesem Grund wird auch die Euro-Rettung nicht eingestellt, jedenfalls solange, wie die Bundesrepublik noch nicht ruiniert ist.

Der Euro wird noch zur Ostfront des deutschen Steuerzahlers. Deutschlands Ruf ist vielerorts ungerechtfertigt schlecht. Das bundesdeutsche Demokratie- und Rechtstaatmodel hingegen genießt einen weltweit fast vorbildlichen Ruf. Der allerdings ist ebenso fragwürdig wie der unbegründet schlechte Leumund in anderer Hinsicht. Lediglich die Hälfte aller Bundestagsabgeordneten wird aus ihrem Wahlkreis heraus direkt in den Bundestag gewählt, die andere Hälfte gelangt über Parteilisten ins Parlament. Votiert ein Abgeordneter gegen die eigene Parteispitze, so riskiert er damit auch seinen Listenplatz. Strebt er nach einem höheren Amt, so muss er sich gehorsam zeigen, denn Aufstieg gibt es für die Mehrheit nur gegen Loyalität und Gehorsam. Kaum verwunderlich, dass es in den letzten drei Jahrzenten so gut wie keine parlamentarische Rebellion gegen eine amtierende Regierung gab.